Interview mit Nadine Hudler, Head of People & Culture @NVision

Geschrieben von Larisa Leonteva | 07.05.2025 07:00:00
Vielfalt ist kein Nebenprojekt – sondern die Basis echter Innovation.
Nadine Hudler, Head of People & Culture bei NVision, gibt inspirierende Einblicke, wie Diversität strategisch gelebt und Fairness zur Kultur gemacht wird – auch im dynamischen Start-up-Alltag.

 

Nadine, als Head of People and Culture bei NVision – wie würdest du den Ansatz des Unternehmens beschreiben, um Diversität zu fördern und Geschlechtergerechtigkeit in Führungspositionen zu gewährleisten?

NVision ist ein forschungsgetriebenes Unternehmen mit einem hohen Anspruch an Innovation – und aus meiner Sicht geht echte Innovation nur mit Vielfalt. Unser Ansatz ist deshalb nicht nur wertebasiert, sondern auch strategisch verankert. Wir sehen Diversität nicht als Nebenprojekt, sondern als festen Bestandteil unserer Organisationsentwicklung. Das beginnt bei einer bewussten Sprache in unseren Stellenanzeigen und reicht bis zu strukturellen Maßnahmen wie einem transparenten Beförderungsprozess, in dem objektive Kriterien eine zentrale Rolle spielen. Wir legen Wert auf einen interdisziplinären Austausch, in dem unterschiedliche Perspektiven nicht nur geduldet, sondern aktiv gesucht werden.

 

NVision hat es geschafft, eine starke Kultur der Fairness aufzubauen. Kannst du uns konkrete Strategien oder Initiativen nennen, die das Unternehmen umgesetzt hat, um ein ausgewogenes Geschlechterverhältnis in Führungspositionen zu erreichen?

Ein zentraler Hebel war die Einführung strukturierter Feedback- und Entwicklungsprozesse, die wir kontinuierlich weiterentwickeln – immer mit dem Ziel, Potenziale sichtbar zu machen, unabhängig von Geschlecht, Herkunft oder Identität. Wir haben im Recruiting außerdem klare Strukturen geschaffen, die es ermöglichen, eine ausgewogene Auswahl an Bewerbenden zu fördern. Darüber hinaus messen wir regelmäßig unsere Fortschritte und wollen, wo immer es möglich ist, datenbasiert arbeiten, um dem Bias, den wir schlussendlich alle unterbewusst in uns tragen, mit Daten und Fakten zu begegnen. Das reicht vom Recruiting bis zur Beförderung – um sicherzustellen, dass wir nicht in alte Denkmuster zurückfallen. Das Ganze funktioniert nur, weil wir eine sehr offene Feedbackkultur haben und uns selbst immer wieder reflektieren.
 
Auch wenn NVision große Fortschritte gemacht hat – mit welchen Herausforderungen hast du zu kämpfen, um Fairness und Diversität im Unternehmen aufrechtzuerhalten? Wie gehst du damit um?

Eine der größten Herausforderungen ist die Balance zwischen dem hohen Tempo, das in einem Start-up herrscht, und dem Anspruch, Diversität und Fairness nicht als "Nice-to-have" zu behandeln. Gerade wenn es schnell gehen muss – zum Beispiel bei der Besetzung kritischer Rollen – ist es wichtig, dass unsere Prozesse dieser Haltung standhalten. Ich setze deshalb stark auf Bewusstseinsschärfung im Hiring und Leadership, aber auch auf klare Strukturen, die eine diverse Auswahl überhaupt ermöglichen. Und ja, manchmal bedeutet das, dass wir uns bewusst gegen die schnelle Lösung entscheiden und für die nachhaltige – das braucht Mut, Geduld und viel Alignment auf Führungsebene.
 
Wenn du auf deinen eigenen Werdegang zurückblickst: Welche entscheidenden Momente oder Entscheidungen haben dir geholfen, eine Führungsposition zu erreichen? Bist du auf Hindernisse gestoßen, und wie hast du sie überwunden?

Für mich war ein Wendepunkt, als ich aufgehört habe, auf die perfekte Gelegenheit zu warten, und stattdessen selbst gestaltet habe – anfangs auch ohne offizielle Rolle oder einen bestimmten Titel. Ich habe zum Glück früh gelernt und auch gezeigt bekommen, dass man nicht auf Erlaubnis warten muss, um Verantwortung zu übernehmen. Natürlich gab es Hindernisse – vor allem implizite Erwartungen oder auch mal stereotype Zuschreibungen. Was mir geholfen hat, war ein stabiles Netzwerk, Menschen, die mich aktiv gefördert haben und ein sehr klarer innerer Kompass: Ich will nicht einfach die Karriereleiter erklimmen, sondern mit meiner Arbeit Wirkung entfalten. Das hat mir geholfen, auch in schwierigen und anstrengenden Momenten dran zu bleiben.
 
Viele Unternehmen tun sich schwer damit, Diversitätsrichtlinien in echte, nachhaltige Veränderungen umzusetzen. Was können andere Unternehmen deiner Meinung nach aus der Erfahrung von NVision lernen?

Nachhaltiger Wandel bei Diversität erfordert eine gezielte und kontinuierliche Entwicklung von Führungskompetenzen. Bei NVision haben wir in den letzten Jahren ein rapides Wachstum erlebt, was uns vor die Herausforderung stellt, eine Unternehmenskultur aufrechtzuerhalten, die sowohl leistungsorientiert als auch inklusiv ist. Daher haben wir ein umfassendes Leadership Development Programm ins Leben gerufen, das speziell darauf abzielt, unsere Führungskräfte mit den notwendigen Kompetenzen auszustatten, um Diversität nicht nur zu fördern, sondern aktiv zu leben. Unser Ziel ist es, dass Führung auf allen Ebenen die unterschiedlichen Perspektiven unserer Teams widerspiegelt und sich eine Kultur etabliert, in der alle Mitarbeitenden gleichermaßen gehört werden und ihr volles Potenzial entfalten können. Wir glauben, dass ein starkes Führungsteam der Schlüssel ist, um eine diverse und inklusive Arbeitsumgebung zu schaffen, die langfristig erfolgreich ist.

 
Wie stellst du sicher, dass sich NVision’s Engagement für Fairness nicht nur auf das Thema Geschlecht beschränkt, sondern auch Aspekte wie kulturellen Hintergrund, Alter oder verschiedene Perspektiven einbezieht?

Wir arbeiten mit einem sehr diversen, internationalen Talentpool – allein deshalb ist kulturelle Vielfalt bei uns kein abstraktes Ziel, sondern ein gelebter Alltag. Das ergibt sich schon allein aus dem Umstand, dass unser Produkt eher einer Nische zugeordnet werden kann, die es erfordert, sich global Talente zu suchen, da wir sie nur in Deutschland einfach nicht finden würden. Dazu kommt: wir sind eine deutsche GmbH, mit israelischem Gründerteam und hatten ab Tag 1 ein internationales Team. Ein bisschen ist das also auch Teil unserer DNA.
Neben dieser Basis, die Diversität automatisch begünstigt, ist es uns wichtig, dass wir Räume schaffen, in denen unterschiedliche Perspektiven wirklich zum Tragen kommen. In unseren Feedbackprozessen zum Beispiel fragen wir gezielt nach Resonanz aus verschiedenen Teams und Erfahrungsstufen.
 
In deiner Rolle – wie schaffst du den Spagat zwischen Leistungsanforderungen und dem Aufbau einer fairen und unterstützenden Unternehmenskultur? Glaubst du, dass beides problemlos zusammen funktionieren kann?

Das eine geht nicht ohne das andere. Gerade in einer forschungsgetriebenen Umgebung wie bei uns braucht es ein Umfeld, in dem sich Menschen sicher fühlen, um kreativ und fokussiert arbeiten zu können. Psychologische Sicherheit ist kein Luxus, sondern eine Voraussetzung für Leistung. Natürlich gibt es Spannungsfelder – aber ich versuche immer, nicht in Kompromissdenken zu verfallen, sondern nach integrativen Lösungen zu suchen. Zum Beispiel, indem wir Leistung nicht nur am Output messen, sondern auch an Zusammenarbeit und Lernbereitschaft.
 
Abschließend: Wie sieht deine Vision für die Zukunft von Diversität und Geschlechtergerechtigkeit am Arbeitsplatz bei NVision aus? Und welchen Rat würdest du Unternehmen geben, die eine fairere Arbeitsumgebung schaffen wollen?

Meine Vision ist, dass Diversität bei NVision kein Thema mehr ist, über das man sprechen muss, weil es selbstverständlich geworden ist. Ein Arbeitsplatz, an dem sich alle gesehen und gehört fühlen – unabhängig von Lebenslauf, Identität oder Herkunft. Mein Rat an andere Unternehmen wäre: Fangt nicht bei den Policies an, sondern bei der Haltung. Diversität ist kein Projekt mit Enddatum, sondern ein kontinuierlicher Prozess, der oft auch unbequem ist, weil wir uns mit unserem innersten erlernten Verhalten auseinandersetzen – aber immer bereichernd.
 
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