„Deine Geschichte ist nicht vorbei – sie wird nur tiefer.“
Alexandra Junghans ist Transformationscoach für Frauen über 40 und begleitet sie dabei, mit Mut und Klarheit neu aufzubrechen. Ursprünglich stammt sie aus Minsk, Belarus, und hat einen Abschluss in interkultureller Kommunikation – das Potenzial des Menschen und echte Veränderung haben sie schon immer fasziniert.
Später heiratete sie einen Deutschen und wagte den Schritt in ein Leben voller interkulturellem Wachstum und Abenteuer.
Nach dem Umzug nach Ungarn – ohne die Sprache zu beherrschen – bauten sie und ihr Mann ein Boutique-Hotel am Balaton auf. Ein mutiges Kapitel, das sie lehrte, was es heißt, Resilienz zu entwickeln, kreativ zu denken und dem Unbekannten tief zu vertrauen.
Alexandras eigener Weg der Selbstentdeckung und Neuerfindung inspirierte sie dazu, andere Frauen auf ihrer Reise zu unterstützen. Heute ermutigt sie ihre Klientinnen, Selbstzweifel zu überwinden, ihre innere Wahrheit wiederzuentdecken und das Leben zu leben, das wirklich zu ihnen passt.
Alexandra, was hat dich ursprünglich zum Coaching geführt – und wie hat es dein Leben auf unerwartete Weise verändert?
Was mich zum Coaching geführt hat, war kein großer Plan oder Lebenstraum – es war etwas viel Leiseres. Eine Art innerer Ruf, den ich nicht ignorieren konnte. Ich befand mich selbst in einer Phase tiefgreifender Veränderung – nicht nur körperlich, in Bezug auf meine Gesundheit, sondern auch mental und emotional. Mein Mindset hat sich gewandelt, und mit ihm mein Selbstbild und mein Blick auf die Welt. Diese Reise hat ein inneres Feuer entfacht. Ich erkannte, wie kraftvoll wir werden, wenn wir aufhören, uns „reparieren“ zu wollen – und stattdessen anfangen, uns wirklich zu sehen.
Das Coaching entstand ganz organisch aus diesem Prozess. Ich habe es nicht so sehr gewählt – es hat eher mich gewählt. Je mehr ich darüber lernte, desto mehr fühlte es sich an wie ein Erinnern. Wie ein Heimkommen zu etwas, das ich immer schon in mir getragen hatte. Es gab mir die Möglichkeit, für andere Menschen den Raum zu halten, den ich mir früher selbst so sehr gewünscht hatte.
Was mich am meisten überrascht hat, ist, wie sehr Coaching mich selbst auch heute noch verändert. Es ist nicht nur etwas, das ich anbiete – es spiegelt mich, fordert mich heraus und lässt mich wachsen. Es hat mich zu einer besseren Zuhörerin gemacht. Es hat mir geholfen, die Suche nach schnellen Antworten loszulassen – und stattdessen kraftvolle Fragen zu vertrauen. Es hat mein Vertrauen vertieft – in den Prozess, in andere Menschen, ins Leben und in mich selbst.
Und vielleicht die schönste Veränderung: Es hat meinen Blick auf Zweifel verändert. Zweifel ist für mich heute kein Störfaktor mehr, sondern eine Tür. Ein Funke, der zeigt: Hier möchte etwas Wichtiges angeschaut werden.
Coaching ist für mich zu einer lebendigen Praxis geworden – darin, mit dem zu sein, was wirklich ist.
Gab es einen Moment oder eine Erkenntnis, die dir geholfen hat, diese Lebensphase mit neuer Energie und Sinn zu umarmen?
Ein stiller Morgen hat alles verändert – nicht während eines Workshops oder eines großen Durchbruchs, sondern bei einem frühen Spaziergang, gerade als die Welt erwachte. Die Luft war klar, goldenes Licht fiel durch die Bäume. Ich blieb stehen, atmete tief ein – und etwas kam in mir zur Ruhe.
In dieser Stille wurde mir klar: Das ist es.
Nicht im Sinne von „Das ist alles, was es gibt“, sondern: Das ist das Leben. Nicht später, nicht erst, wenn alles perfekt ist – sondern jetzt. In der Bewegung, im Zweifel, in den leisen Erfolgen und sogar in den unfertigen Teilen von mir.
Dieser Moment hat mir ein tieferes Gefühl von Sinn geschenkt. Ich war nicht mehr hier, um einer idealen Version meiner selbst hinterherzujagen. Ich war hier, um zu leben – wach, im Einklang, präsent. Um aus meiner eigenen gelebten Wahrheit zu teilen. Um andere auf ihrem Weg zurück zu sich selbst zu begleiten.
Seitdem fühlt sich alles lebendiger an – meine Arbeit, meine Beziehungen, selbst die Herausforderungen. Die Energie kommt nicht mehr aus dem ständigen „Mehr-Müssen“, sondern aus dem Loslassen und dem Vertrauen in den Prozess.
Welche täglichen Routinen – wie Morgen-Spaziergänge, Yoga oder achtsames Atmen – sind für dich unverzichtbar geworden, und wie beeinflussen sie dein Mindset?
Meine Morgenstunden bestimmen alles. Im Laufe der Zeit sind bestimmte Praktiken so sehr Teil meines Lebens geworden, dass sie längst mehr als Gewohnheiten sind – sie sind Anker.
Morgendliche Spaziergänge sind für mich essenziell. Es geht dabei nicht um Fitness – sondern um Präsenz. Draußen zu sein, bevor die Welt laut wird, bringt mich zurück zu mir selbst. Der Rhythmus des Gehens, das Licht am Morgen, die Stille – all das erdet mich und schafft Raum für Klarheit.
Achtsames Atmen ist ein weiterer fester Bestandteil. Nur ein paar bewusste Atemzüge – zwischen zwei Calls oder bevor ich den Laptop öffne – können alles verändern. Sie holen mich aus dem Autopilot-Modus zurück in die Verbindung mit meinem Körper, meinen Gefühlen und dem Moment.
Auch Bewegung spielt eine große Rolle – sei es Yoga, Dehnen oder Tanzen im Wohnzimmer. Sie hilft mir, weich und gleichzeitig stark zu bleiben, Emotionen zu verarbeiten und mich neu auszurichten auf das, was wirklich zählt.
Diese Routinen sind kein Performance-Programm. Es geht nicht ums „Leisten“, sondern ums Dasein. Sie schenken mir Raum, um die Geschichten zu erkennen, die ich mir selbst erzähle – und erinnern mich daran, dass ich nichts überstürzen oder beweisen muss. Ich darf einfach da sein – ganz.
Das ist es, was mein Mindset wirklich prägt: nicht Kontrolle, sondern bewusster Raum. Nicht Perfektion, sondern Erlaubnis.
Limitierende Glaubenssätze können unser Leben leise steuern. Welchen tief sitzenden Glaubenssatz musstest du selbst herausfordern oder transformieren – und wie hat sich dadurch deine äußere Welt verändert?
Der Glaubenssatz, den ich loslassen musste, lautete: „Ich muss meinen Wert beweisen.“
Lange Zeit war er mein stiller Antreiber – hinter jedem Erfolg, jedem „Zu-viel-Geben“, selbst hinter den Momenten der Ruhe. Von außen wirkte es wie Ehrgeiz, aber innen fühlte es sich nach Druck an – und nach dem Gefühl, nie wirklich anzukommen.
Die Veränderung kam nicht über Nacht. Sie geschah in der Stille, in tiefen Gesprächen, im Coaching. Immer wieder durch diese leise, aber beharrliche Frage: „Was, wenn du schon genug bist – genau so, wie du bist?“
Diesen Glaubenssatz loszulassen, war wie endlich ausatmen. Und mit diesem Ausatmen veränderte sich alles.
Ich begann, Entscheidungen aus innerer Ausrichtung zu treffen, nicht mehr aus Pflichtgefühl. Ich hörte auf, nach Anerkennung zu jagen, und fing an, meine eigenen Werte zu ehren. Meine Arbeit wurde tiefer. Beziehungen wurden ehrlicher. Kreativität konnte wieder fließen. Und ich fühlte mich – vielleicht zum ersten Mal – wirklich zu Hause in mir selbst.
Dieser innere Wandel wurde zur Basis für meine Arbeit mit anderen. Denn ich weiß, wie schwer diese unsichtbaren Überzeugungen wiegen. Und ich weiß auch, wie befreiend es ist, sie endlich loszulassen.
Und heute, wenn sich dieser Gedanke wieder meldet, kann ich ihm begegnen – mit Bewusstsein, nicht mit Angst.
Viele deiner Follower befinden sich in einer persönlichen oder beruflichen Umbruchphase. Welchen Rat würdest du jemandem geben, der sich festgefahren fühlt oder zweifelt, ob echte Veränderung nach 40 überhaupt noch möglich ist?
Wenn du über 40 bist und dich festgefahren fühlst, dann hör gut zu: Transformation ist nicht nur möglich – sie wartet auf dich. Du hast bereits so viel erlebt, du kennst dich selbst heute tiefer als je zuvor. Das ist keine verlorene Zeit – das ist dein Fundament.
Was ich dir sagen möchte: Halte inne und höre wirklich hin – nicht auf den äußeren Lärm, sondern auf dein inneres Wissen.
Lass die Vorstellung los, dass du jetzt schon „alles im Griff“ haben müsstest. Dieser Druck erstickt jede Entwicklung. Werde neugierig auf dein Gefühl von Feststecken. Oft ist es kein Scheitern – sondern ein Zeichen dafür, dass etwas Neues in dir entstehen möchte.
Folge dem, was sich lebendig anfühlt – auch wenn es noch keinen Sinn ergibt.
Und das Wichtigste: Stell die Lüge in Frage, dass es zu spät sei. Die kraftvollsten Transformationen, die ich erlebt habe, begannen nicht mit Sicherheit – sondern mit einem mutigen Gedanken: „Vielleicht wartet da noch mehr auf mich.“
Und ja – das tut es. Deine Geschichte ist nicht vorbei. Sie wird gerade tiefer.
In deiner Coaching-Arbeit hast du vielen Menschen geholfen, ihren inneren Dialog neu zu gestalten. Kannst du uns von einem „Mindshift-Moment“ mit einer Klientin oder einem Klienten erzählen, der dich tief bewegt – oder vielleicht sogar deine eigene Perspektive verändert hat?
Ein unvergesslicher „Mindshift-Moment“ war mit einer Klientin, die glaubte: „Ich bin gleichzeitig zu viel – und nicht genug.“
Dieser Glaubenssatz hielt sie in einem Kreislauf aus Selbstzweifeln gefangen – sie machte sich im Job klein, zweifelte ständig an sich in Beziehungen und erklärte ihre Gefühle oft übermäßig, aus Angst, falsch verstanden zu werden.
Gemeinsam sind wir langsamer geworden – haben dieser inneren Stimme Raum gegeben, nicht als Fehler, sondern als Hinweis. Sie konnte den Ursprung zurückverfolgen: eine Schutzstrategie aus ihrer Kindheit. Sich kleiner machen, um sicher zu bleiben. Mehr leisten, um Ablehnung zu vermeiden.
Die Wende kam, als sie aufhörte, gegen diese Stimme zu kämpfen – und sie stattdessen mit Mitgefühl begegnete. In einer Visualisierung traf sie auf ihre innere „Beschützerin“ – einen weisen Anteil in ihr, der helfen wollte, aber veraltete Werkzeuge benutzte. Sie musste ihn nicht zum Schweigen bringen – nur seine Rolle neu definieren.
Dieser Moment hat vieles verändert – für sie, und auch für mich. Er hat mir erneut gezeigt: Die Anteile in uns, die wir oft „reparieren“ wollen, sind oft genau die, die sich nach einer neuen, kraftvolleren Aufgabe sehnen.
Das ist die Magie von Coaching – sich selbst zu begegnen. Nicht als Problem, das gelöst werden muss, sondern als Verbündeter, der verstanden und geführt werden möchte.
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